Das Leben ist wie ein Buch: Wer nicht reist, liest immer nur die selbe Seite.

Sonntag, 26. Dezember 2010

Weihnachten in Peru – Weihnachten bei CIRCA



Zeige ich meinen Schülern Fotos von einem deutschen Weihnachten mit echtem Weihnachtsbaum und Schnee, dann hängen sie mit ihren Auge daran. Von Arequipa aus sieht man zwar den Schnee, der auf den Vulkanen liegt, aber von der Nähe gesehen -geschweige denn berührt- hat fast noch keiner den Schnee. Für die Menschen hier ist es schwer vorstellbar wie kalt es denn sein muss, dass es nicht regnet, sondern schneit. Und Regen gibt es auch nur 5-10 x im Jahr. Meine Schüler hier nehmen mir nicht ab, dass die Menschen in Deutschland irgendwann die Nase voll haben von dem ganzen Schnee, da hört man eher: „Ich will auch nach Deutschland und den Schnee sehen. Wieviel kostet es denn dort hinzureisen? Und fährt man mit dem Schiff oder mit dem Flugzeug? Ich hab dann zwar kein Geld in Deutschland, aber wir wohnen dann einfach alle bei ihnen, Señorita Judith. Und das macht mir nichts aus wenn es zu kalt ist, dann zieh ich mir einfach ganz viel an. Macht man da dann auch Schneemänner und bewirft sich mit Schneekugel? Ich hab das mal im Fernsehen gesehen.“ Leider werden sich die Wünsche der Kinder in den meisten Fällen nicht verwirklichen. Einige werden nie aus Peru oder sogar aus der Stadt Arequipa herauskommen.
Das erste Mal, als ich das Foto von unserem Weihnachtsbaum in Deutschland gezeigt habe und erklärt habe, dass wir die Bäume fällen und in unseren Wohnzimmern aufstellen, haben mich 40 entsetzte Kinderaugen angestarrt „Was? Ihr fällt die Bäume nur um sie einige Tage in eure Wohnzimmer zu stellen und dann sterben sie?“
Hier in Arequipa sind Bäume sehr selten. Auf dem Land findet man ein paar vertrocknete oder hitzeresistente Bäume, aber die meisten werden von der Stadt extra gepflanzt und dann mit viel Mühe und Wasser hochgezogen. Besonders am Morgen sieht man oft Frauen, die die noch kleinen Bäume gießen, denn Regen gibt es hier viel zu wenig.
In vielen Klassenzimmern findet man auch von den Kindern selbstgestaltete Plakate, auf denen zu lesen ist wie wichtig die Bäume für unser Leben und die Natur sind und auch die Lehrer legen viel Wert darauf, dass die Kinder sich diese Wichtigkeit immer wieder ins Bewusstsein rufen.
Aus diesem Grund waren die Kinder also geschockt, als sie von dem europäischen Weihnachtsbrauch hörten. Nach einer kleinen Erklärung, dass es bei uns ganze Wälder von Bäumen gibt, waren sie dann auch beruhigt und waren eher daran interessiert wie wir die Bäume ins Haus bekommen und sie am Boden befestigen, dass sie nicht umfallen.
Die Tatsache, dass wir jährlich tausende von Bäumen töten, um sie in unsere Wohnzimmer zu stellen, so hatte ich das bisher auch noch nie gesehen.


Weihnachten in den Schulen

Weil der katholische Glaube hier in Lateinamerika sehr verbreitet ist, ist auch für die Peruaner Weihnachten eines der wichtigsten Events des Jahres. Seit dem ersten Dezember wurden in den Schulen Vorbereitungen getroffen: Bilder gemalt, Texte gelesen, Krippenspiele eingeübt und jede Klasse hat ihre eigene Krippe aufgebaut. Dabei unterschieden sie sich von den deutschen Krippen manchmal sehr: Neben den üblichen Personen und einigen Tieren, findet man teilweise noch 50 andere Tiere und –aus deutscher Sicht sehr unpassende- Figuren, die die Kinder von zu Hause mitgebracht haben, um ihre Krippe noch zu verzieren und sie zu der Schönsten der Schule zu machen. In der letzten Schulwoche gab es dann nämlich einen Krippenwettbewerb und die Klasse mit der Schönsten wurde belohnt.
Meine letzte Schulwoche habe ich damit verbracht meinen Schülern englische Weihnachtlieder beizubringen: We wish you a Merry Christmas und Rudolph the red nosed reindeer. Die Kinder hatten einen Heidenspaß dabei und wollten die Lieder so oft wie möglich singen. Diese Woche war eine meiner schönsten Schulwochen bisher. Alle Kinder haben mitgesungen und ich habe wirklich gemerkt wie sehr sie mich schätzen als sie sich von mir verabschieden mussten. Man bekommt Geschenke und Weihnachtskarten, wird von einigen 10 x umarmt und meine Mädchen von Jesus Obrero ließen mich für 30 Minuten einfach nicht gehen. Von einigen Kindern musste ich mich für immer verabschieden, weil ihre Eltern sie auf eine andere Schule schicken oder weil sie ab nächstem Jahr in Secundaria, die nächsthöhere Stufe (vergleichbar mit Hauptschule in Deutschland), eintreten und dort von staatlichen Englischlehrern (die leider selbst kaum Englisch sprechen) unterrichtet werden. In diesen Klassen gab es einen riesen Applaus für mich und ein Schüler hat sich jeweils im Namen der ganzen Klasse für meine Arbeit und mein Engagement bedankt.

Weihnachten in den Casitas (Kinderheimen)

Am letzten Sonntag vor Weihnachten wurde für alle Kinder der Kinderheime ein rießiges Fest veranstaltet. Jede Casita musste zu der Gestaltung des Programmes beitragen und eine Showeinlage vorbereiten. So gab es traditionelle Tänze, Weihnachtslieder und zehn ziemlich ähnliche Krippenspiele zu sehen. Leider war das Programm viel zu lang und die Kinder hatten gegen Ende keinen Spaß mehr, weil sie still auf ihren Plätzen sitzen mussten. Deswegen waren sie umso glücklicher als „los alemanes“ (die Deutschen) mit ihrer Showeinlage (Ein kleiner grüner Kaktus und We wish you a Merry Christmas) als letzte Gruppe dran waren und es dann endlich etwas zu essen gab: Pollo (Hühnchen), für die Kinder eine Spezialität, denn sie bekommen in der Regel meistens nur Reis, Kartoffeln und Gemüse zu essen.
Die Chefin von Circa liegt sehr großen Wert darauf, dass die Kinder -wenn möglich- mit einem Familienmitglied Weihnachten feiern. So wurden am 23. Dezember rund 70% der Kinder von ihren Eltern oder Verwandten abgeholt. Auf den ersten Blick stellt man sich das für die Kinder sehr schön vor wenigsten einmal im Jahr ein wenig Zeit mit ihren Eltern zu verbringen. Bei den meisten bleibt es jedoch bei diesem einzigen Treffen im Jahr und so fremdeln viele Kinder beim Anblick ihrer Eltern und sträuben sich etwas mit ihnen nach Hause zu gehen. Lieber würden sie ihr Weihnachten mit ihrer Familie feiern: CIRCA. Dann gibt es aber auch die Kinder, die kaum darauf warten können von ihren Eltern abgeholt zu werden und manchmal sogar die ganzen 2-monatigen Ferien bei ihnen zu verbringen. Sie erzählen mir dann wie schön doch wieder ihr Weihnachten werden wird und dass es ganz leckeres Essen geben wird.
Die zurückgebliebenen, 100%igen Waisenkinder bleiben in den Casitas zurück und verbringen den Heiligen Abend damit mit den Betreuern Fernseh zu schauen.

Mein peruanisches Weihnachten

Wir, die fünf Deutschen, waren am Heiligen Abend zum Festmahl der engsten Circa-Leute eingeladen. Nach einer sehr kurzen Messe (30 Minuten) wurden wir zusammen mit vierzig Schwester, den Chefinnen und einigen anderen Circamenschen von der Obernonne, einer Spanierin, mit einem Festmahl bekocht. Es gab: gefühlte Avokado, Schinken und Melone, Hühnchensuppe, Kalbs- und Hähnchenfleisch mit Kartoffeln und als Nachspeise jede Menge Kekse und das peruanische Weihnachtsgebäck Panetón.
Die Schwestern hatten ein Krippenspiel und ein Gedicht vorbereitet und bei der Gabenbeschwerung gab es Unmengen von Geschenken. Wir bekamen jeder Schlappen für unseren Strandurlaub mit den Kindern im Januar, eine Seife, Duschgel und einen Deo; außerdem leckere peruanische Weihnachtskekse.
Pünktlich um Mitternacht begann dann das rießige Feuerwerk in der ganzen Stadt und die Peruaner feierten die Geburt Jesu.
Für mich war es dieses Jahr ein anderes Weihnachten: ohne Familie, in einem anderen Land, einer anderen Kultur. Auch wenn ich dieses Jahr – im Vergleich zu den Weihnachtsfesten in Deutschland- weniger Geschenke bekommen habe, hat mir das überhaupt nichts ausgemacht. Ich war froh darüber von den Circa-Chefinnen eingeladen zu sein und so reichlich essen zu dürfen. Auch überhaupt feiern zu dürfen, denn für viele Slumbewohner Arequipas blieb neben dem Feuerwerk über der ganzen Stadt dieser Tag ein ganz normaler (Arbeits-)tag ohne Festmahl und Geschenke.



























Sonntag, 5. Dezember 2010

En los colegios – in den Schulen













Seit meinen ersten, etwas unsicheren Englischstunden im August, hat sich viel getan. Ich fühle mich in den meisten Klassen sehr wohl und das Unterrichten und Entertainen macht mir wirklich Spaß. Zu den Kindern habe ich ein gutes Verhältnis aufgebaut und der Englischunterricht ist für sie oft das absolute Highlight des Tages.

Weil ich um die 300 Kinder unterrichte, ist es leider unmöglich für mich alle Namen zu lernen. Würde ich die ratschenden oder herumlaufenden Kinder beim Namen nennen können, würden sie schneller reagieren und besser auf mich hören; so bleibt es oft bei einem: „DU, setz dich hin.“ oder „DU, wie spricht man das aus?“ Vielleicht wird sich das im nächsten Jahr ändern, wenn ich einige Klassen zweimal die Woche unterrichten darf.

Die Kinder haben uns momentan nur einmal die Woche und somit fällt es uns Freiwilligen und den Kindern schwer mit dem Stoff voranzukommen. Viele lernen nicht Zuhause und haben so bis zur nächsten Stunde den Stoff wieder vergessen. Die ersten 20 Minuten der Unterrichtsstunde gehen also meistens damit drauf, dass wir alles nochmal wiederholen oder neu lernen. Die Kinder langweilt es natürlich schnell, wenn wir keinen neuen Stoff durchnehmen, sondern den alten immer wieder durchkauen bis ihn fast jeder kann. Mir fehlt es in diesen Situationen leider noch an Ideen auch diesen Teil des Unterrichts interessant zu gestalten und so wird es schnell mal lauter in der Klasse. Bis zu den ersehnten Sommerferien haben unsere Schüler nur noch zwei Schulwochen und so beginnt jetzt die Zeit der Abschlussexamen. Für uns bedeutet das einige Enttäuschungen, aber auch kleine und große Erfolgsmomente: Es wird sich herausstellen, wie viel unsere Schüler in den letzten vier Monaten im Englischunterricht mitnehmen konnten.
Viele meiner Kinder haben noch in der vierten und fünften Klasse Probleme damit fehlerfrei spanische Wörter zu schreiben oder einfach richtig von der Tafel abzuschreiben. Da sich die Aussprache von der Schreibweise im Englischen – im Vergleich zum Spanischen- für sie sehr unterscheidet, haben sie mit den englischen Wörtern noch mehr Probleme. So wissen sie oft - durch endloses Wiederholen der Wörter im Unterricht- wie man die Wörter einigermaßen richtig ausspricht, jedoch nicht wie man sie schreibt und so fallen die schriftlichen Examen oft leider sehr, sehr schlecht aus. Dann gibt es aber auch die anderen Schüler, die alle Wörter richtig buchstabieren können, auf jede Stunde vorbereitet sind und Zusatzaufgaben haben wollen. Deren schriftliche Examen fallen im Normalfall sehr gut aus und für uns Freiwillige ist das oft die Bestätigung, dass die letzten vier Monate Englischunterricht im Bezug auf das Wissen der Kinder nicht ganz umsonst war.

Die schulischen Leistungen der Kinder können meistens nicht nur mit Fleiß oder Faulheit begründet werden. Viele kommen aus schwierigen Familienverhältnissen. Die Väter sind Alkoholiker oder haben die Familie verlassen, die Mütter arbeiten oft den ganzen Tag und können deswegen ihre Kinder nicht betreuen, geschweige denn bei den Hausaufgaben helfen. Für die Schüler der Secundaria (7-11. Klasse) ist es ganz normal nachmittags und manchmal sogar nachts ihre Eltern bei der Arbeit zu unterstützen und so ist es nicht verwunderlich, wenn es ihnen schwer fällt im Unterricht völlig übermüdet aufzupassen. Die Themen Gewalt oder/und Kriminalität sind leider oft ein konstanter Bestandteil der Leben der Kinder. So fällt es uns Freiwilligen sehr schwer einzuschätzen, warum ein Kind sich nicht am Unterricht beteiligt oder seine Hausaufgaben nicht erledigt, besonders weil wir nicht die Zeit und Kraft haben uns mit jedem Kind intensiv auseinanderzusetzen, um dessen Geschichte zu erfahren.

Zuhause in Peru










Ich stehe am Straßenrand und strecke ganz selbstverständlich meinen Arm aus, um den Bus herzuwinken. Den Rucksack wegen den fleißigen Taschendieben vorne tragend, quetsche ich mich -wie jeder Peruaner auch - noch irgendwie rein und versuche mir einen Sitzplatz oder zumindest einen guten Stehplatz zu ergattern. Dass der Bus so wackelt, dass man sich in Deutschland Sorgen machen würde, dass er eventuell auseinander fallen könnte, fällt mir nur noch auf, wenn ich verzweifelt versuche die Examen meiner Schüler zu korrigieren. Nähern wir uns meinem Ziel, rufe ich der Person an der Tür: „Baja, baja“: „Austeigen“ zu und springe in den 10 Sekunden, die der Bus anhält auf die Straße, bevor er dann mit einer Geschwindigkeit selbstverständlich über die nächste rote Ampel fährt.

Will ich danach die Straße überqueren, warte ich nicht wie in Deutschland darauf, dass kein Auto kommt, sondern schaue nach links und sicherheitshalber auch nach rechts (falls sich einer aus Platz- oder Zeitgründen auf die andere Spur ´verirrt´ hat) bevor ich einfach mal loslaufe – wie jeder Peruaner auch. Der spanische Architekt hat dazu einmal gesagt: „This is suicide!“: „Das ist Selbstmord!“

Schlendere ich durch die Straßen der Innenstadt fühle ich mich anders wie die vielen Touristen. Es kommt mir alles nicht mehr so fremd und neu vor wie vor einigen Wochen. Ich weiß wo ich Früchte, Klopapier, Schuhe und vieles andere kaufen kann. Das unangenehme Gefühl beim Handeln an den Marktständen hat sich schon längst verflüchtigt und wird -wegen meiner Hautfarbe- ein zu hoher Preis angeboten, gehe ich weiter zu einem anderem Stand, an dem ich behandelt werde wie jeder andere Peruaner.

Dass sich Arequipa seit einer gefühlten Ewigkeit wie ein drittes Zuhause anfühlt, hängt hauptsächlich an den folgenden zwei Faktoren: der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der peruanischen Menschen und meinen besseren Spanischkenntnissen.

Ganz egal wo ich hier hinkomme, werde ich mit einem Küsschen auf die Backe und einem herzlichen „іHola! ¿Cómo estas?“ empfangen. In einigen Geschäften werden die Kunden sogar mit einem „іHola, amigo!“, einem „Hallo, Freund“ begrüßt. Und weil man nicht nur Käufer und Verkäufer ist, kommt es auch schnell zu Gesprächen wie unter Bekannten. Peruaner sind unglaublich hilfsbereit. Kennt man sich nicht aus, ist immer schnell jemand zu finden, der dir weiterhilft oder dich persönlich zu dem gesuchten Ort begleitet und den Nachmittag dann mit dir verbringt und dich in der Stadt herumführt.

Weil man überall wegen seiner Hautfarbe, den anderen Gesichtszügen und der Größe auffällt, wird man im Bus, an der Straße oder beim Markt oft angesprochen und gefragt, was einen nach Arequipa führt oder wie es einem hier gefällt. Dann wird oft über das Klima und das Essen geschwärmt. In einem Markt sind wir bei einer Käseverkäuferin schon Stammkunden und ihr Gesicht strahlt jedes Mal wieder, wenn sie uns kommen sieht und uns ein wenig mehr von ihrem Land erzählen kann.

Von den meisten Lehrer und Direktoren meiner Schulen wurde ich vom ersten Tag an herzlich aufgenommen, von den Kindern gar nicht zu sprechen. Kaum setze ich den Fuß auf das Schulgelände rennen mir meine Schüler und andere neugierige Kinder entgegen und begrüßen mich mit einer Umarmung und vielen Küssen auf die Backe.

Meine vorher kaum vorhandenen Spanischkenntnisse haben sich in letzter Zeit sehr verbessert und ich habe nur noch sehr wenige Probleme mich zu verständigen und das Wesentliche aus einem Gespräch zu verstehen. Weil der Spanischunterricht mit unserem ersten Lehrer sehr unregelmäßig stattfand, nehme ich seit 2 Wochen Einzelunterricht in einer anderen Sprachschule. Meine Lehrerin Luz kann sehr gut auf meine Fragen und Schwierigkeiten mit der Sprache eingehen und seitdem ist für mich der Fortschritt sichtbarer und ich fühle ich mich sicherer in der Sprache.

Mit jedem neuen Wort und jedem weiteren Ausdruck kann ich mit den Leuten und Kindern meiner Organisation Circa besser kommunizieren und mehr auf sie eingehen. Aus vielen einfachen und oberflächigen Smalltalks werden langsam aber sicher interessantere und längere Gespräche. Meinen Unterricht kann ich durch mein besseres Spanisch abwechslungsreicher und spontaner gestalten und auf die Fragen der Kinder besser eingehen. In manchen meiner Klassen kann ich mich -auch ohne Klassenlehrer im Raum- relativ gut durchsetzen, weil die Kinder mich mehr respektieren, wenn ich mich besser ausdrücken kann.


Mittwoch, 3. November 2010

Puno, Titicacasee, Copacabana (Bolivien)








Die Einheimischen schwaermen hier oft von der Vielfalt, die ihr Land zu bieten hat, sei es die Natur, Die Kultur oder die Menschen; und auch in den Reisefuehrern liest man nichts anderes.
Gesehen hatten wir bis vor einer Woche nicht allzu viel davon. Umso groesser war die (Vor)freude als wir dann endlich fruehmorgens am Busbahnhof von Arequipa standen; ein Rucksack vollgepackter als der andere. Wir waren zu viert: Johannes, Felix (zwei deutsche von Circa) Judith und ich. Ja, auch Judith. Sie ist nicht nur meine Namensschwester, sondern auch in der vergangenen Woche eine gute Freundin geworden. Wie ich arbeitet auch sie als Freiwillige fuer ein Jahr in Arequipa als Englischlehrerin in den Slums. Wir haben vieles gemeinsam und wer auch an ihren Reiseberichten und Erfahrungen hier in Peru interessiert ist, kann sich ihren Blog man anschauen: www. Judithinperu.blogspot.com (ohne Bindestriche! )




Verlaesst man das schoene Arequipa und faehrt Richtung Osten, so faellt einem beim Anblick der kargen und trockenen Landschaft wieder ein, dass man sich mitten in der Wueste befindet. Das vergisst man schnell, abgelenkt von dem staendigen Getummel der Taxis, Buse und Menschen.
Vorbei an Bergen, Slums aus Blechhuetten und ploetzlich auftauchenden Seen mit Flamingos, kamen wir nach 6 stuendiger Fahrt in Puno an.
Mit unseren Ruchsaecken auf den Ruecken sahen wir aus wie richtige Touristen und wurden auch wie solche behandelt. Fuer uns war das anfangs ungewohnt; auf Dauer sogar ziemlich laestig: man wird auf Englisch angesprochen, staendig angebettelt und die Einheimischen versuchen dir irgendwelche Touritouren anzudrehen.



Dort haben wir gemerkt, wie schoen es doch in Arequipa ist, durch die Strassen zu laufen, mit den gleichen Bussen wie die Einheimischen zu fahren, neben ihnen zu leben und sich nicht als Tourist zu fuehlen.
Oft waren die Menschen doch sehr erstaunt un dann interessiert, wenn man ihnen erklaert, dass man jetzt keine Mitbringeel fuer Freunde und Familie braucht, weil man fuer ein Jahr in diesem Land leben und arbeiten wird.





Die Stadt Puno liegt direkt am Ufer des Titicacasees auf 3800 Meter Hoehe und der Tourismus hat es hier noch nicht in alle Ecken der Stadt geschafft. Dort tragen mehrere Einwohner ihre traditionelle Tracht als in Arequipa.





Am zweiten Tag fand in den Strassen Punos ein Umzug und Fest zu Ehren der Muttererde statt. Verschiedene Gruppen von circa 5o Leuten fuellten die Strassen und zogen in ihrer traditionellen Bekleidung durch die Stadt. Die Frauen tanzend voraus, die Maenner hinterher ihre Samponias (Panfloeten) spielend.
Die Stadt Puno ist bekannt fuer ihre farbenpraechtige Folklore, umso mehr haben wir uns gefreut, dass wir etwas davon miterleben durften.
Allgemein finden Peruaner zu allen Gelegenheiten einen Grund zum Feiern und Tanzen.
Diesen Teil der peruanischen Kultur liebe ich sehr, denn bei den Feiern wir viel gelacht und auch die Tatsache, dass der Muttererde ein Tag gewidmet wird, an dem man ihr fuer das Leben dankt, hat mich sehr beeindruckt und beruehrt. Gleichzeitig hat es mich auch ein wenig traurig gestimmt, dass wir in Deutschland fast vergessen haben fuer solche Dinge dankbar zu sein.




Begleitet von einem Einheimischen fuhren wir am dritten Tag unserer Reise auf dem Titicacasee in Richtung Insel Amantani. Dabai passierten wir die fuer den Titicacasee beruehmten Urus (die schwimmenden Inseln). Auf jeder dieser 35 kleinen Inseln aus Schilf leben hoechstens 8 Familien, fuer mehr ist kein Platz. Die Einwohner dieser Inseln sprechen neben der Amtssprache Spanisch auch Quechua, die Sprache der Indigenen. Deren Vorfahren lebten hauptsaechlich vom Fischfang, doch seit von andere Nationen grosse Raubfische eingestzt wurden, ist den heutigen Bewohnern der Inseln diese Art der Lebenserhaltung nicht mehr moeglich. So sind sie dem Tourismus verfallen. Mehrmals pro Woche werden sie von Touristen besucht und die Frauen verkaufen ihre Handarbeiten. Und so waren auch wir eine der vielen Touristen, von denen die Bewohner der Urus in den letzten Jahren abhaengig geworden sind.

Unser Hauptbesuch galt an diesem Tag aber der Insel Amantani, die wegen ihrer Entfernung zu Puno die am wenigsten besuchte Insel auf der peruanischen Seite des Titicacasees ist. Dort wurden wir von einer Gastmutter mit 6 Kindern herzlich aufgenommen und durften einen Tag lang ein wenig in dieser Familie mitleben und mitessen.
Eines der schoensten Erlebnisse der ganzen Reise war die Begegnung mit den Kindern dieser Familie: Ermuedet vom Bergsteigen am Nachmittag sassen Judith und ich in unserem Zimmer, als die Kinder reinspazierten und uns etwas vorsingen wollten. Nach ueberwundener Schuechternheit wurden dann die peruanische Nationalhymne sowie andere peruanisch Liedere auf Spanisch und Quechua gesungen. Im Gegenzug dazu sangen wir deutsche und englische Kinderlieder und die deutsche Nationalhymne. Die Kinder haben sich beim Klang der deutschen und englischen Sprache gekringgelt und waren so begeistert von den Liedern: 'head, shoulders, knees and toes.' und ' if you are happy and you know it clap your hands', dass wir die Lieder vier mal singen mussten ,sogar spaeter noch am Essenstisch.
Diese Kinder waren so natuerlich und unvoreingenommen uns gegenueber. Fuer sie waren wir anders und deswegen interessant, nicht aber ein Grund zu betteln oder nach Suessigkeiten zu fragen.

Am Abend dieses Tages wurde fuer die wenigen Touristen dieser Insel ein kleines Fest veranstaltet, zu dem wir alle in traditioneller Kleidung erschienen. Obwohl dieser Abend sehr touristisch ablief, war es doch fuer uns wunderschoen, denn wir haben mit den Kindern unserer Gastfamilie gespielt, gelacht und viel getanzt.
Die Insel war einer der ruhigsten Orte; ohne Autos, Fahrraeder und nur sehr wenig Elektrizitaet. So war auch der Sternenhimmel auf unserem Heimweg wunderschoen.


Zurueck in Puno ging es fuer uns am naechsten Tag weiter nach Yunguyo, einer kleinen Stadt an der Grenze zu Bolivien. Mehr oder weniger gestaerkt von einem gewoehnungsbeduerftigen echt peruanischem Fruehstueck (Bratkartoffeln mit Tunfisch und Tomaten) konnten wir am fuenften Tag endlich die Grenze zu Bolivien ueberschreiten und landeten kurz darauf im kleinen Staedchen Copacabana, dem wichtigsten Wallfahrtsort Boliviens. Dort verbrachten wir den Rest unseres Urlaubs damit die bekannte Isla del Sol (Sonneninsel, auf der der Inkagott Sonne und Mund aus einem Felsen erschuf) zu besichtigen und auf ihr zu wandern, den Aussichtspunkt Copacabanas zu besteigen und die Stadt von oben zu bewundern, durch die Strassen zu flanieren und uns in dem ein oder anderen Geschaeft mit Schmuck, Taschen und Tuechern einzudecken, Avokadobrot zu essen und eine Menge Bekanntschaften mit anderen Reisenden und Strassenhaendlern zu machen.
In dem ruhigen Staedtchen konnten wir fuer die kommenden Wochen wieder Kraft tanken.

Und: Ja, es gibt die Vielfalt Perus wirklich und sie ist wunderwunderschoen.